Universität Wien und zivilgesellschaftliche Wahlbeobachter unternehmen gemeinsame Forschungsstudie mit Unterstützung aller im Parlament vertretenen Parteien zur Stärkung des Wahlbeisitzes.
In Österreich gibt es Bedarf nach einer Reform des Wahlrechts – dies betrifft unter anderem das System des Wahlbeisitzes. BeisitzerInnen sowie ErsatzbeisitzerInnen werden auf der Grundlage des vorangegangenen Wahlergebnisses von den politischen Parteien nominiert, doch letztere stoßen vermehrt auf Schwierigkeiten, Personen für diese Tätigkeit zu finden, wie viele Parteien bereits vor der Aufhebung der Bundespräsidentenstichwahl 2016 kommunizierten.
Die technische Abwicklung von Wahlen ist in den letzten Jahren in den Fokus der Aufmerksamkeit gerückt und hat zur Feststellung von Problemen sowie zu politischen Diskussionen hinsichtlich einer Reform des Wahlrechts geführt. Zu den Problemen gehören unter anderem die Rekrutierung und Ausbildung der WahlbeisitzerInnen, deren finanzielle Entschädigung sowie weitere Fragen der Wahlintegrität, wie in den Wahlbewertungsberichten der OSZE sowie in „Vorschläge für eine Reform des österreichischen Wahlrechts“ (Journal für Rechtspolitik 2018) ausgeführt wird.
Geplante Reformen wurden nicht umgesetzt
Im letzten Regierungsprogramm gab es ein Bekenntnis zu Wahlreformen in Österreich. „In Abstimmung mit den Rechtsanwendern sind alle Wahlordnungen auf ihre praktische Umsetzbarkeit zu prüfen und allfällige Adaptionen vorzunehmen“, war dort zu lesen. Umgesetzt wurde seither allerdings wenig. Zur Vorbereitung der Wahlbeisitzer gibt es auf der Webseite des Innenministeriums bereits ein E-learning Portal. Ob und wie intensiv dieses in Anspruch genommen wird, ist aber unklar. Recherchen der „Wiener Zeitung“ zeigen zudem, dass die Vergütung der Mitarbeit am Wahltag auf sehr unterschiedliche Weise erfolgt, und der Ablauf des Wahlbeisitzes bundesweit nicht einheitlich geregelt ist (Wiener Zeitung, 27.9. 2019).
Wahlbeisitzer im Zentrum des Erkenntnisinteresses
Vor diesem Hintergrund planen das Vienna Center for Electoral Research (VieCER) der Universität Wien und die unparteiische zivilgesellschaftliche Organisation wahlbeobachtung.org gemeinsam eine wissenschaftliche Befragung von WahlbeisitzerInnen, die im Laufe der Europawahl oder Nationalratswahl 2019 tätig waren. Dabei werden systematisch Informationen zu Hintergrund, Motivation, Vorkenntnissen und zum Selbstverständnis der Wahlbeisitzer erhoben, wobei deren eigene Perspektive auf den Wahlprozess und deren Verbesserungsvorschläge im Mittelpunkt stehen.
Zum Ablauf der Studie
Die Umfrage wird in Form einer Online-Befragung im Zeitraum 21. Oktober bis 3. November 2019 durchgeführt. Die Beantwortung des Fragebogens dauert ca. 12 Minuten. Alle Angaben erfolgen anonym und werden streng vertraulich behandelt. Die Auswertung der Daten erfolgt ausschließlich zu statistischen Zwecken. Anhand der Auswertungen kann keinerlei Rückschluss auf die Identität der TeilnehmerInnen gezogen werden. Eine Zusammenfassung der Ergebnisse wird den Teilnehmern nach Abschluss der Befragung und Auswertung über die Webseite des Vienna Center for Electoral Research (VieCER) der Universität Wien zugänglich gemacht. Die Daten werden nach Abschluss der Umfrage an das Datenarchiv „Austrian Social Science Data Archive (AUSSDA)“ übergeben und dort alleinig für die wissenschaftliche Nutzung verwendet.
Ein Beitrag zu demokratischen Reformen
Für das Funktionieren der parlamentarischen Demokratie ist ein korrekter Wahlprozess unabdingbar. Die aus der Bevölkerung rekrutierten WahlbeisitzerInnen haben einen großen Anteil daran – ohne sie könnte der Ablauf der Wahlen nicht gewährleistet werden. Die Ergebnisse der Studie sollen einen Beitrag für die Reform des Wahlbeisitzes darstellen und werden dem Bundesministerium für Inneres sowie den im Nationalrat vertretenen politischen Parteien zugänglich gemacht, um eine möglichst objektive und solide Basis für politische Entscheidungen zu schaffen.
Wahlbeisitzer können zwischen 21. Oktober und 3. November 2019 unter diesem Link an der Studie teilnehmen:
http://bit.ly/umfrage-wahlbeisitz-2019
Die Studie zum Wahlbeisitz wird nach deren Abschluss in den Medien präsentiert.
Im Vorfeld der Nationalratswahl 2019 gab es einen Beitrag zur Problemlage in der Wiener Zeitung:
https://www.wienerzeitung.at/nachrichten/politik/oesterreich/2031049-Wahlbeisitzer-werden-immer-rarer.html
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