DOKUMENT DES KOPENHAGENER TREFFENS DER KONFERENZ ÜBER DIE MENSCHLICHE DIMENSION DER KSZE (deutsch, English)
Die Vertreter der Teilnehmerstaaten der Konferenz über Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (KSZE), Belgien, Bulgarien, Dänemark, Deutsche Demokratische Republik, Bundesrepublik Deutschland, Finnland, Frankreich, Griechenland, Heiliger Stuhl, Irland, Island, Italien, Jugoslawien, Kanada, Liechtenstein, Luxemburg, Malta, Monaco, Niederlande, Norwegen, Österreich, Polen, Portugal, Rumänien, San Marino, Schweden, Schweiz, Spanien, Tschechoslowakei, Türkei, Ungarn, Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken, Vereinigtes Königreich, Vereinigte Staaten von Amerika und Zypern, trafen sich in Kopenhagen vom 5. bis 29. Juni 1990 in Übereinstimmung mit den Bestimmungen der Konferenz über die Menschliche Dimension der KSZE, die im Abschließenden Dokument des Wiener Folgetreffens der KSZE enthalten sind. Der Vertreter Albaniens nahm am Kopenhagener Treffen als Beobachter teil. Das erste Treffen der Konferenz fand in Paris vom 30. Mai bis 23. Juni 1989 statt.
Auf einem Sondertreffen der Außenminister der KSZE-Teilnehmerstaaten, das am 5. Juni 1990 auf Einladung des Ministers für Auswärtige Angelegenheiten Dänemarks stattfand, wurde vereinbart, am 10. Juli 1990 in Wien einen Vorbereitungsausschuß für ein Gipfeltreffen der Staats- oder Regierungschefs in Paris einzuberufen.
Die Teilnehmerstaaten begrüßen mit großer Genugtuung die grundlegenden politischen Veränderungen in Europa, die seit dem ersten Treffen der Konferenz über die Menschliche Dimension der KSZE 1989 in Paris stattgefunden haben. Sie stellen fest, daß der KSZE-Prozeß wesentlich zum Zustandekommen dieser Veränderungen beigetragen hat und daß diese Entwicklungen ihrerseits die Durchführung der Bestimmungen der Schlußakte und der anderen KSZE-Dokumente in starkem Maße gefördert haben. Sie erkennen an, daß pluralistische Demokratie und Rechtsstaatlichkeit wesentlich sind für die Gewährleistung der Achtung aller Menschenrechte und Grundfreiheiten, die Weiterentwicklung menschlicher Kontakte und die Lösung anderer Fragen von gleichfalls humanitärer Art. Sie begrüßen daher das Bekenntnis aller Teilnehmerstaaten zu den Idealen der Demokratie und des politischen Pluralismus sowie ihre gemeinsame Entschlossenheit, demokratische Gesellschaftssysteme auf der Grundlage von freien Wahlen und Rechtsstaatlichkeit zu errichten.
Auf dem Kopenhagener Treffen prüften die Teilnehmerstaaten die Durchführung ihrer Verpflichtungen im Bereich der menschlichen Dimension. Sie stellten fest, daß der Grad der Erfüllung der in den einschlägigen Bestimmungen der KSZE-Dokumente enthaltenen Verpflichtungen eine wesentliche Verbesserung seit dem Pariser Treffen aufweist. Sie brachten aber auch ihre Ansicht zum Ausdruck, daß für die vollständige Verwirklichung ihrer Verpflichtungen betreffend die menschliche Dimension weitere Schritte erforderlich sind.
Die Teilnehmerstaaten bringen ihre Überzeugung zum Ausdruck, daß die volle Achtung der Menschenrechte und Grundfreiheiten sowie die Entwicklung von Gesellschaftssystemen auf der Grundlage von pluralistischer Demokratie und Rechtsstaatlichkeit Vorbedingung für einen Fortschritt beim Aufbau jener dauerhaften Ordnung von Frieden, Sicherheit, Gerechtigkeit und Zusammenarbeit sind, die sie in Europa zu errichten wünschen. Sie bekräftigen daher ihre Verpflichtung, alle Bestimmungen der Schlußakte und der anderen KSZE-Dokumente betreffend die menschliche Dimension vollständig durchzuführen, und werden auf dem erzielten Fortschritt weiter aufbauen.
Sie erkennen an, daß ihre Zusammenarbeit sowie die aktive Einbeziehung von Personen, Gruppen, Organisationen und Institutionen wesentlich sein werden, um weitere Fortschritte im Hinblick auf ihre gemeinsamen Ziele zu gewährleisten. Um die Achtung und den Genuß der Menschenrechte und Grundfreiheiten zu festigen, menschliche Kontakte weiterzuentwickeln und Fragen von gleichfalls humanitärer Art zu lösen, vereinbaren die Teilnehmerstaaten folgendes:
Wahlspezifische Verpflichtungen:
(6) Die Teilnehmerstaaten erklären, daß der durch regelmäßige und unverfälschte Wahlen frei und gerecht zum Ausdruck gebrachte Wille des Volkes die Grundlage für die Autorität und Rechtmäßigkeit jeder Regierung bildet. Die Teilnehmerstaaten werden demnach das Recht ihrer Bürger achten, sich an der Führung ihres Landes entweder direkt oder durch in einem gerechten Wahlgang frei gewählte Vertreter zu beteiligen. Sie erkennen ihre Verantwortung an, in Übereinstimmung mit ihren Gesetzen, ihren internationalen Verpflichtungen bezüglich der Menschenrechte und ihren anderen internationalen Verpflichtungen die durch den Willen des Volkes frei geschaffene demokratische Ordnung gegen Aktivitäten von Personen, Gruppen oder Organisationen zu verteidigen und zu schützen, die sich des Terrorismus oder der Gewalt zum Sturz dieser Ordnung oder der Ordnung eines anderen Teilnehmerstaates bedienen oder auf deren Anwendung nicht verzichten wollen.
(7) Um zu gewährleisten, daß der Wille des Volkes die Grundlage für die Autorität der Regierung bildet, werden die Teilnehmerstaaten
(7.1) — in angemessenen Zeitabständen freie Wahlen abhalten, wie das Gesetz es vorschreibt;
(7.2) — zulassen, daß alle Vertreter in zumindest einer der Kammern des nationalen Gesetzgebungsorgans vom Volk frei gewählt werden;
(7.3) — allen erwachsenen Staatsbürgern das allgemeine und gleiche Wahlrecht zusichern;
(7.4) — sicherstellen, daß die Abstimmung geheim oder in einem gleichwertigen freien Abstimmungsverfahren durchgeführt wird, die Auszählung der Stimmen und die Weitergabe des Abstimmungsergebnisses wahrheitsgetreu erfolgen und die offiziellen Ergebnisse bekanntgegeben werden;
(7.5) — das Recht der Bürger achten, sich ohne Benachteiligung um politische oder öffentliche Ämter zu bewerben, sei es als Einzelperson oder als Vertreter politischer Parteien oder Organisationen;
(7.6) — das Recht von Einzelpersonen und Gruppen achten, eigene politische Parteien oder andere politische Organisationen in voller Freiheit zu gründen und solchen politischen Parteien und Organisationen die notwendigen gesetzlichen Garantien zusichern, damit diese auf der Grundlage der Gleichbehandlung durch das Gesetz und durch die Behörden miteinander in Wettstreit treten können;
(7.7) — sicherstellen, daß Recht und öffentliche Ordnung es gestatten, daß politische Wahlkampagnen in einer Atmosphäre der Fairness und der Freiheit durchgeführt werden, in der weder administrative Maßnahmen noch Gewalt oder Einschüchterung die Parteien und die Kandidaten daran hindern, frei ihre Ansichten und Fähigkeiten darzulegen, oder die die Wähler daran hindern, diese zu erfahren und zu erörtern oder ihre Stimme frei von Angst vor Repressalien abzugeben;
(7.8) — dafür zu sorgen, daß der Zugang zu den Medien für alle politischen Gruppen und Einzelpersonen, die sich an der Wahl beteiligen wollen, ohne Diskriminierung möglich ist und nicht durch gesetzliche oder administrative Hindernisse eingeschränkt wird;
(7.9) — sicherstellen, daß Kandidaten, die die gesetzlich erforderliche Anzahl von Stimmen erhalten haben, ihr Amt ordnungsgemäß antreten und dieses bis zum Ende ihrer Amtszeit innehaben können oder bis die Amtszeit anderweitig auf eine gesetzlich geregelte Weise in Übereinstimmung mit parlamentarisch-demokratischen und verfassungsmäßigen Verfahrensregeln beendet wird.
(8) Die Teilnehmerstaaten vertreten die Auffassung, daß, wenn Wahlen abgehalten werden, die Anwesenheit von Beobachtern sowohl aus dem In- als auch aus dem Ausland für den Wahlprozeß von Vorteil ist. Aus diesem Grund werden sie Beobachter aus anderen KSZE-Teilnehmerstaaten sowie alle geeigneten privaten Institutionen und Organisationen, die dies wünschen, einladen, den Verlauf ihrer landesweiten Wahlen zu beobachten, soweit dies gesetzlich zulässig ist. Ebenso werden sie sich bemühen, einen gleichartigen Zugang zu Wahlen unterhalb der nationalen Ebene zu ermöglichen. Diese Beobachter verpflichten sich, nicht in das Wahlgeschehen einzugreifen.