Vor den Europowahlen im Mai 2019 zeigt Wahlbeobachtung.org die bisherigen Wahlreformvorhaben auf europäischer Ebene auf und unterstreicht den Nutzen internationaler und zivilgesellschaftlicher Wahlbeobachtung. Im Gastkommentar in der Wiener Zeitung erklärt wahlbeobachtung.org die Details: (Wahlreformen gefordert – Wiener Zeitung Gastkommentar pdf download)
Die Europawahl ist eines der größten demokratischen Ereignisse weltweit: Im Mai 2019 können etwa 340 Millionen Wahlberechtige über 705 Abgeordnete im Europäischen Parlament entscheiden und bestimmen so die Zukunft der Europäischen Union direkt mit. Doch das Wahlsystem ist aber reformbedürftig. Die Abhaltung der Wahl ist jedoch in wesentlichen Bereichen nicht durch europäisches Recht, sondern durch nationale Rechtsprechung und Traditionen geregelt. Technisch gesprochen handelt es sich bei der Europawahl 2019 um 27 Einzelwahlen für ein gemeinsames Vertretungsorgan. Die Wahl kann sich je nach Land bezüglich aktiver und passiver Wahlberechtigung, Wahlsystem, -einteilung, -alter, -tag, Fristen für die Registrierung von Kandidaten und Wählern, Regeln für die Wahlkampffinanzierung und in weiteren Bereichen unterscheiden.
Um die Grundlagen zur Abhaltung der Europawahl zu harmonisieren und niedriger Wahlbeteiligung durch eine “Europäisierung” entgegenzuwirken, hat eine Mehrheit im Europäischen Parlament schon im November 2015 für Wahlreformen gestimmt. Der Europäische Rat hat nach zweieinhalb Jahren nur in wenigen Bereichen zugestimmt. Die Umsetzung der Reformvorschläge ist schwierig, da die Mitgliedstaaten zu Einstimmigkeit verpflichtet sind und manche Reformen in einzelnen Ländern Verfassungsänderungen bedingen.
Als Instrument zur steten Verbesserung der Wahlpraxis wäre auch eine regelmäßige Beobachtung und Bewertung der Europawahl auf Basis internationaler Standards und guter Praktiken wünschenswert. Die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) hat die Europawahl 2004 und 2009 beobachtet und Empfehlungen zur Weiterentwicklung des Europäischen Wahlrechts formuliert. Um dies zu ermöglichen, braucht es ebenso wie für die Umsetzung anderer Wahlreformen ein ausreichendes Maß an politischem Willen. Alle EU-Länder haben zwar das Kopenhagen-Dokument der OSZE (1990) unterzeichnet, das die teilnehmenden Staaten zu gegenseitiger sowie zivilgesellschaftlicher Wahlbeobachtung verpflichtet. Viele EU-Länder sind in der Umsetzung jedoch säumig. OSZE-Berichten zufolge haben bisher nur vier EU-Mitgliedstaaten (Kroatien, Finnland, die Niederlande, Rumänien) einen ausreichenden rechtlichen Rahmen für internationale und nationale Wahlbeobachtung geschaffen.
Was die Umsetzung internationaler Übereinkommen, von Prinzipien geleiteten Wahlreformen sowie die Einrichtung von Wahlgleichheit in der Europäischen Union betrifft, gibt es also noch viel zu tun. Wahlbeobachtung könnte ein Mittel und Werkzeug dafür sein, die relevanten legislativen als auch politischen Reformprozesse auf europäischer Ebene und in den Mitgliedstaaten zu unterstützen.