Ende März richtete der NR Abgeordnete Dr. Alfred Noll eine schriftliche Anfrage an den Bundesminister für Inneres, Herbert Kickl, bezüglich des Endberichts der OSZE zu den Nationalratswahlen 2017 und der Umsetzung der darin enthaltenen Empfehlungen. Noll wollte wissen, ob, wann und in welcher Form 16 dieser ausständigen Empfehlungen behandelt werden oder aus welchen Gründen eine Umsetzung bislang ausblieb.
Die Antwort des Bundesministers, die Ende Mai auf der Homepage des Parlaments veröffentlicht wurde, fiel knapp aus und beschränkte sich im Wesentlichen auf eine Klarstellung der Zuständigkeiten für Änderungsanträge der Wahlgesetzgebung. Demnach sei es ein „gängiger Brauch“, dass diesbezügliche Gesetzesvorschläge nicht durch Regierungsvorlagen sondern durch Initiativanträge von Parlamentariern eingebracht würden, an dem die Bundesregierung auch weiter festhalten wolle. Insbesondere verwies der Innenminister der zugleich auch als Vorsitzender der Bundeswahlbehörde agiert auch darauf, dass Fragen der Wahldurchführung und Sicherung der Stimmzettel und Wahlkarten allein den untergeordneten Wahlbehörden obliege. „Das Tätigwerden dieser vom Bundesminister für Inneres unabhängigen Wahlbehörden kann nicht Gegenstand des parlamentarischen Interpellationsrechts sein“, so Innenminister Kickl.
Der Verein wahlbeobachtung.org, der mit dem Anliegen der Umsetzungen von internationalen Empfehlungen an alle Verfassungssprecher der politischen Parteien im Parlament herangetreten war, begrüßt grundsätzlich die Feststellung des Ministers, dass Gesetzesänderungen zur Wahlreform durch gewählte Volksvertreter eingebracht werden sollen und können. Dennoch überwiegt der Eindruck, dass die Verantwortung zur Umsetzung internationaler Wahlreformempfehlungen abgeschoben wird. Besonders politisch brisante Empfehlungen der OSZE – wie die Forderung nach mehr Transparenz in der Parteien- und Wahlkampffinanzierung – sind aufgrund der unterschiedlichen Interessenslagen kaum mittels Initiativantrag durchsetzbar. Die Antwort des Ministers lässt ein klares Bekenntnis zur Wahlreformen vermissen, die nötig sind, um das österreichische Wahlrecht an internationale Demokratiestandards anzupassen. Es wäre angebracht, dass die Bundesregierung eine Führungsrolle in diesem Reformprozess wahrnimmt und sich bereit erklärt, entsprechende Initiativanträge aktiv einzuholen, zu prüfen und im Sinne der OSZE Empfehlungen auch zeitnah, unter Einbeziehung von Experten und interessierten zivilgesellschaftlichen Vertretern, umzusetzen. Wahlbeobachtung.org hat wiederholt einen umfassenden, partizipativen und breit angelegten Wahlreformprozess angeregt und hat entsprechende Vorschläge in der aktuellen Ausgabe des Journal für Rechtspolitik veröffentlicht.